• 5. Dezember 2024

12 Geschichten berühren die Jury

12 Geschichten berühren die Jury

12 Geschichten berühren die Jury 1024 538 Dr. Buhmann Schule & Akademie in Hannover

Nehmen wir Abschied von einer Gene­ra­tion, die nicht mehr liest und schreibt? Keines­falls, es besteht Hoff­nung: Beim Schreib­wett­be­werb stellten Krea­tive auch in diesem Jahr wieder ihre Leiden­schaft für Geschichten und das Schreiben unter Beweis.

Beim dies­jäh­rigen Schreib­wett­be­werb hatten die teil­neh­menden Schü­le­rinnen und Schüler der Dr. Buhmann Schule sowie Studie­renden der Dr. Buhmann Akademie die Wahl zwischen den Themen „Abschied“ und „Hoff­nung“. Es entstanden 12 Kurz­ge­schichten und damit 12 indi­vi­du­elle Inter­pre­ta­tionen der beiden Mottos. Und jede einzelne Geschichte über­zeugte auf ihre Art und Weise, sodass es der Jury nicht leicht­fiel, die drei Teil­neh­menden zu bestimmen, die am Ende für ihre Krea­ti­vität ausge­zeichnet wurden.

Die Jury setzte sich zusammen aus der Deutsch­leh­rerin Lena Romahn, der ehema­ligen Lehrerin und Mitin­itia­torin des Schreib­wett­be­werbs Dr. Mari­anne Wurth, Karl-Ludwig Baader, ehema­liger Kultur­re­dak­teur der Hanno­ver­schen Allge­meinen Zeitung, und Schul­lei­terin Chris­tina Gallus. Sie war es auch, die die Teil­neh­menden, die sich am Mitt­woch in der weih­nacht­lich deko­rierten Cafe­teria bei Lebku­chen, Kaffee und heißer Scho­ko­lade zur Sieger­eh­rung trafen, begrüßte. Gallus lobte das Enga­ge­ment, dass die Schü­le­rinnen und Schüler bzw. Studie­renden in Zeiten von KI in eigens geschrie­bene Worte inves­tierten. Und die Schul­lei­terin ermu­tigte die Anwe­senden, weiter ihrer Leiden­schaft – also dem Lesen und Schreiben von Geschichten – nach­zu­gehen. Gleich­zeitig betonte sie, wie schwer der Jury auch in diesem Jahr die Entschei­dung für die drei Sieger­ge­schichten gefallen sei. Diese Entschei­dung sei immer subjektiv, betonte Gallus.

Am Ende wurden die Geschichten von Konrad Kuznik (Dritter Platz, „Verpasste Chance“) und Katha­rina Meine (Zweiter Platz, „Bitte. Verlass mich nicht“) mit einem Geld­preis dotiert. Den erhielt auch die Siegerin des dies­jäh­rigen Schreib­wett­be­werbs: Laura Estelle Schulte über­zeugte die Jury mit ihrer Geschichte „Hoff­nung, ein mieser Verräter?“ und sicherte sich damit den ersten Platz.

Die Geschichten der drei prämierten Teil­neh­menden stehen unten zum Nach­lesen bereit.

Erster Platz


Hoff­nung, ein mieser Verräter?
Von Laura Estelle Schulte

Alles passiert aus einem Grund.

Aber was, wenn dieser Grund mir nicht gefällt?

Was, wenn der Herz­schmerz und die Leere, die nach mir greift, mich in Angst hüllt? Dieser Grund wuchs zu einem unüber­wind­baren Felsen, einer Last, die ich nicht tragen kann. Weder mit der besten Ausrüs­tung, noch mit Freunden oder Familie.

Dieser elende Fels.

„Alles wird gut am Ende.“

Wer auch immer das gesagt hat, hat noch nie so tief gefühlt wie ich.

Mein eigenes Mitleid schmeckt wie eine bittere Pille, die ich schlu­cken muss, ohne sie verdauen zu können.

Die Worte sickern in meine Knochen, doch sie hallen hohl wider. „Geliebt habe ich dich nie. Ich hatte Mitleid.“

Mitleid – ein Wort, das Nähe vermit­teln sollte, das Trost spenden sollte. Doch er hat es benutzt, um zu zerstören, um mich zu zerstören.

Mit jedem Atemzug wird die Last des Felsens erdrückender.

Es ist nicht nur die Tren­nung, die mich quält, sondern die Enttäu­schung, der Verlust, das miss­brauchte Vertrauen.

Wer auch immer gesagt hat, dass die Zeit alle Wunden heilt, hat nie in den Abgrund geschaut, in dem ich liege.

Alles ist grau geworden, kalt, bedeutungslos.

Immer wieder ertönt der Refrain des alten Songs Love is a Batt­le­field in meinem Kopf. Auf der Heim­fahrt nach der Tren­nung lief dieser Song in Endlosschleife.

Er war nicht nur eine Melodie – er war mein Mantra in diesem emotio­nalen Krieg.

Liebe ist ein Schlacht­feld. Amen, Schwester.

Ich muss hier raus, frische Luft schnappen, einen klaren Kopf bekommen – irgendwas muss doch helfen.

Ich trete vor die Tür. Die eisige Luft beißt mir ins Gesicht, und für einen Moment lenkt dieser Schmerz mich von dem ab, was in mir tobt.

Ein Blick nach oben – die Sterne, pracht­voll, strah­lend, wunderschön.

Ist das Leben wirk­lich nur dazu da, Schmerz zu fühlen? Warum verblassen gute Momente so schnell, während der Schmerz sich ewig hält?

Ich starre weiter in den Himmel, und da – eine Stern­schnuppe durch­bricht die Dunkelheit.

Heißt das, ich habe jetzt einen Wunsch frei?

Ich schließe die Augen.

Was wünsche ich mir eigentlich?

Eine neue Liebe? Um wieder belogen und betrogen zu werden? Ein neues Auto? Ja, die C-Klasse hat schon ihren Reiz…

Doch jeder dieser Wünsche fühlt sich leer an. Nichts davon gibt mir das Gefühl, dass es wirk­lich zählt.

Tief in mir – was wünschst du dir?

Hoff­nung.

Ja, ich wünsche mir Hoffnung.

Hoff­nung auf ein geheiltes Herz, Hoff­nung auf ein Leben ohne Schmerz, Hoff­nung auf mehr Vertrauen, Hoff­nung auf die Liebe ohne Grauen. Liebe Stern­schnuppe, das wünsche ich mir.

Ein Leben voller Zuver­sicht und ein paar Funken Hoff­nung in mir.

Die Stern­schnuppe ist längst verschwunden, und ob mein Wunsch jemals erfüllt wird, kann mir niemand sagen.

Außer ich selbst. Nur ich allein.

Der Fels mag immer noch da sein, doch seine Macht über mich schwindet. Der Schmerz ist noch nicht fort, aber ich werde ihn nicht für immer ertragen müssen. Und die Hoff­nung, dass ich eines Tages sagen kann: „Ich habe es geschafft. Ich lebe, liebe und lache wieder“, macht diesen Felsen ein wenig kleiner.

Viel­leicht wird es nicht morgen so weit sein, viel­leicht nicht nächste Woche. Aber der Tag wird kommen, und bis dahin werde ich das Beste aus jedem Moment machen.

In mir erwacht eine leise Zuver­sicht. Viel­leicht webt die Zeit doch ihre Heilung durch alle Wunden – selbst durch meine.

Hier wird die Sieger­ge­schichte der Gewin­nerin Laura Estelle Schulte vorgelesen:

Zweiter Platz


Bitte. Verlass mich nicht
Von Katha­rina Meine

Abschied… wie für mich gemacht. Habe ich doch schon unzäh­lige Male daran gedacht. Gedanken, die kommen und gehen. Ein schwie­riges Thema eigent­lich, schmerz­haft, traurig. Und dennoch… darüber zu schreiben fällt mir leicht. Wie oft habe ich nachts wach gelegen, gequält von meinen Gedanken. Es kommt aus dem Nichts. Ganz plötz­lich, ohne Vorwar­nung. Plötz­lich, da ist es einfach da. Woher die Gedanken kommen, weiß ich selber nicht. Und mit ihnen kommen die Zweifel. Die Angst. Die Schuld­ge­fühle. Mir geht es doch gut. Sollte ich nicht eigent­lich glück­lich sein, schätzen, was ich habe? Niemand möchte doch an Abschied denken. Ich sollte meine Gedanken in eine posi­tive Rich­tung lenken, an schönen Erin­ne­rungen fest­halten. Lächeln…

Ich bin allein. Der weiße Flur mit seinen grellen Lich­tern erscheint mir endlos. Ich sitze auf einem Stuhl neben einer Tür. Warte. Auf ein Zeichen, eine Nach­richt. Bitte verlass mich nicht. Meine Gedanken kreisen. Der Schre­cken der vergan­genen Stunden sitzt tief. Immer und immer wieder spielt sich die Szene vor meinen inneren Augen ab. Wie ich den Anruf erhalte. Wie ich ohnmächtig vor Angst ins Auto steige, losfahre. Mein erstickter Schrei der Verzweif­lung, als ich ankomme. Die Bilder, die ich nun nicht mehr vergessen kann, das erste Mal sehe… Und reali­siere, was gerade passiert ist. Bitte, bitte verlass mich nicht. Die Tür öffnet sich, die Ärztin kommt auf mich zu. Was sie sagt, nehme ich nur dumpf wahr. Es muss wohl nicht allzu schlimm gewesen sein, denn als nächstes finde ich mich im Zimmer hinter der Tür wieder. Langsam nähere ich mich dem Bett, Tränen steigen mir in die Augen. Als ich seine warme Hand in meine nehme, spüre ich wieder diese Verzweif­lung. Bitte verlass mich nicht.

Die Umge­bung ändert sich, schlag­artig. Ich stehe vor einer Wohnung. Bei dem Gedanken, was ich drinnen vorfinden werde, verdreht sich mir der Magen. Meine Hände zittern, mein Herz pocht wie wild. Als ich das Wohn­zimmer betrete, verliere ich mit einem Mal die Fassung. Mein Herz wird schwer. Wie Blei. Bitte verlass mich nicht. Die abge­ma­gerte Person vor mir guckt mich mit starrem Blick an. Sie sieht alt und klein aus, wie sie da auf dem Sofa sitzt. Nichts an ihrem Erscheinen lässt mich an die Person erin­nern, die sie mal war. Nichts an ihr lässt mich an all die Jahre zurück­er­in­nern, in denen sie sich täglich so liebe­voll um mich geküm­mert hat. Es bricht mir das Herz, sie so zu sehen. So verzwei­felt, in ihrer abge­nutzten Klei­dung. Ihr leerer Blick spricht Bände. Teilt mir mit, was ich eigent­lich nicht wahr­haben will. Bitte verlass mich nicht.

Erneut verschwimmt alles, das Umfeld ändert sich und eine weitere Szene mate­ria­li­siert sich vor meinen Augen. Es klin­gelt an unserer Haustür. Ich höre tiefe Stimmen, die hoff­nungs­vollen Fragen meiner Eltern. Nervös eile ich die Treppe hinunter, folge dem Gespann ins Wohn­zimmer. Ich sehe in die besorgten Gesichter meiner Eltern, blass und ange­spannt. Plötz­lich weiß ich nicht mehr, was ich machen soll. Wie ange­wur­zelt bleibe ich stehen, zwischen meinen Eltern und den beiden Männern. Die Poli­zisten schauen sich betreten an, ich ahne Schlimmes. Mit schwerer Stimme richten sie sich an meine Eltern: „Wir konnten sie nicht auffinden. Ihre Tochter bleibt weiterhin spurlos verschwunden.“ Die Worte hallen in meinen Gedanken nach. Sie ist weg. Für immer. Ich falle. Bitte verlass mich nicht…

„Langsam, ganz langsam drehe ich mich auf die Seite, verberge das Gesicht in meinem Kissen. Die Tränen laufen über meine Wangen, ich kann sie nicht stoppen. Eigent­lich will ich sie auch gar nicht stoppen. Das ist doch verrückt, was ist nur los mit mir? Warum hören diese Gedanken nicht auf? Kommen immer und immer wieder? Ich fühle den Schmerz, spüre ihm nach. Verfolge, wie er durch jede Zelle meines Körpers strömt, sich über meine Adern ausbreitet. Und obwohl ich in tiefer Trauer versinke, fühlt sich diese Ohnmacht erlö­send an. Frei. Wie kann das sein? Das ist doch nicht richtig so. Und dennoch, ich spüre den Kummer wie eine warme, weiche Decke, deren Gewicht mich besänf­tigt. Ich finde Ruhe. Ruhe und Gebor­gen­heit. Viel­leicht brauche ich gerade genau das. Mein Puls beru­higt sich, mein Atem wird lang­samer. Ein… Aus… Ein… Aus… Ein… Ich habe Menschen um mich, die ich liebe. Menschen, die ich nicht verlieren möchte. Ich werde geliebt. Einge­hüllt in meinen weichen, warmen Kokon aus tiefer Ergrif­fen­heit schließe ich die Augen. Wie schön, denke ich, als mich eine Woge der Müdig­keit über­wäl­tigt und in den Schlaf entlässt. Ich lächele…“

Dritter Platz


Verpasste Chance
Von Konrad Kuznik

Die herbst­liche Brise, die Daniel beim Verlassen des Hauses entge­genkam, verpasste ihm eine Gänse­haut. Genau dieses Wetter muss der Grund dafür sein, dass sein kleiner Bruder krank geworden ist und nun vom Basket­ball­trai­ning früh­zeitig abge­holt werden muss. Beim Betreten des Autos verspürt er einen Hauch von Nost­algie. Früher hatte Daniel seinen Bruder jedes Mal zum Trai­ning gefahren, doch seitdem er ein wenig älter ist, ist es seinem Bruder Gabriel pein­lich, sich kutschieren zu lassen, und er fährt lieber mit seinen Freunden mit dem Bus zum Trai­ning. Daniel ist für seinen Bruder eine Art Ersatz­vater, nachdem ihr Vater sie verlassen hatte, als sie noch kleine Kinder waren. Während Daniel geplagt wird von dem Bild seines Vaters, dessen Gesicht mit jedem Tag blasser wird, kann sich Gabriel kaum noch an ihn erin­nern. Ihre Mutter hat der Vorfall wohl am schlimmsten mitge­nommen, an jenem Tag starb ein Teil von ihr mit. Seither bemüht sich Daniel, seiner Mutter unter die Arme zu greifen und hat sogar seinen Traum eines Auslands­stu­diums verworfen, um für seine Familie da zu sein.

Das Basket­ball­trai­ning seines kleinen Bruders findet in der Sport­halle seiner alten Schule statt, in der Gabriel seit letztem Sommer die 10. Klasse besucht. Mit Händen in den Jacken­ta­schen und einer roten Nase wartet er nur noch darauf, abge­holt zu werden. „Du siehst echt mies aus!“, sagt Daniel, als er die Beifah­rertür öffnet. „Hast du mal in den Spiegel geguckt?“, erwi­dert Gabriel mit einem scherz­haften Unterton und fängt an zu lachen. Beim Lachen beginnt er plötz­lich stark zu husten und hat Schmerzen, die er vor seinem Bruder verheim­licht. „Alles klar?“ – „Fahr einfach nach Hause, mir geht’s echt beschissen“, sagt Gabriel melan­cho­lisch und blickt aus dem Fenster, aus dem nichts außer dem Nacht­himmel zu erkennen ist. „Wenn du die Kraft hast, hier draußen zu warten, hättest du auch den Bus nehmen können. Du weißt doch, ich muss morgen früh zur Uni“, kommt genervt aus Daniels Mund geschossen, doch eigent­lich will er nur hart vor seinem Bruder wirken. Gabriel schweigt und guckt weiterhin aus dem Fenster. Von Daniel kommt nur noch ein lautes Ausatmen, bevor sie stumm nach Hause fahren. So hat Daniel seinen Bruder noch nie erlebt; eigent­lich ist dieser immer sehr enthu­si­as­tisch und voller Energie, das komplette Gegen­teil von ihm selbst. Zu Hause ange­kommen über­lässt er seinen Bruder seiner Mutter und geht schlafen, da er am nächsten Tag wieder zur Uni muss.

In der Nacht schallte Gabriels Husten durch die Wohnung, wodurch kaum einer gut schlafen konnte, und Daniel machte sich schließ­lich mit Augen­ringen und kaum Schlaf auf den Weg zur Uni. Er war verwun­dert, als er an der Küche vorbei­ging und seine Mutter dort nicht anzu­treffen war. Eigent­lich macht sie ihm und sich selbst jeden Morgen einen Kaffee, doch aufgrund von Zeit­mangel, weil er verschlafen hatte, hatte er keine Zeit, sich selbst einen zu machen. Auf dem Weg zur Uni dachte er, dass seine Mutter vermut­lich auch nicht schlafen konnte und heute wohl ein wenig länger schlafen würde. Die Stunden vergingen, und während der Vorle­sung spürte er, wie sein Handy ständig am Vibrieren war. Er sah, dass seine Mutter ihm ein paar Nach­richten geschickt hatte. Genervt stellte er sein Handy auf lautlos und dachte, dass es vermut­lich wieder etwas Belang­loses sein muss, wie dass er vergessen hatte, den Müll raus­zu­stellen oder wieder mit Schuhen ins Wohn­zimmer gelaufen war. Als die Vorle­sung zu Ende war und Daniel sich auf den Weg nach Hause machte, wollte er seiner Mutter auf ihre Nach­richt antworten, doch beim Anblick der Nach­richten wurde er ganz blass und ließ sich auf den Stuhl zurück­fallen. „Stark durch­atmen, atme tief durch und lies die Nach­richt nochmal, du musst dich doch verlesen haben“, dachte er sich, doch es war keine Einbil­dung. Sein Bruder hatte in der Nacht Blut gehustet, weswegen er von ihrer Mutter bereits früh am Morgen ins Kran­ken­haus gefahren wurde. Seine Mutter hatte es ihm nicht mitge­teilt, damit er sich keine Sorgen macht und normal zur Uni gehen kann; schließ­lich hatte er schon seinen Traum für die beiden aufge­geben, doch der Zustand seines Bruders wird immer schlechter, anders als gedacht.

Am Abend kommt seine Mutter wieder nach Hause, um Gabriels Klamotten, Handy und seinen Hand­held zu holen, um ihn ein wenig aufzu­hei­tern. Bevor sie zurück ins Kran­ken­haus geht, sieht sie nach ihrem anderen Sohn. „Dein Bruder fragte mich, warum du ihn nicht besu­chen kamst!“, sagt sie und hängt an: „Was soll ich ihm sagen, dass sein Bruder einfach verschwunden ist? Du weißt doch, dass er zu dir aufsieht, also komm mit und gib ihm Hoff­nung.“ „Ich kann nicht… Die Person da im Kran­ken­haus, in ihr erkenne ich meinen Bruder gar nicht wieder! Ich kann diesen Jungen kaum anschauen.“ „Ich weiß nicht, wie ich mit der Situa­tion umgehen soll!“ „Wenn du schon mit der Situa­tion so über­for­dert bist, dann überleg doch, wie es ihm gehen muss. Dieser Junge braucht seinen Bruder; du bist seine engste Bezugs­person. Wenn nicht heute Nacht, dann besuch ihn wenigs­tens morgen früh.

Der Junge braucht dich…“, sagt seine Mutter hoff­nungs­voll, als sie sich schließ­lich entscheidet, sich allein auf den Weg zu machen. Tief im Inneren weiß Daniel, dass seine Mutter Recht hat und er ihn seines Bruders wegen besu­chen muss.

Nach stun­den­langem Grübeln stellt er sich der Situa­tion. Er weiß, dass wenn er seinen Bruder jetzt im Stich lässt, er es bis ans Ende seiner Tage bereuen wird. Sofort am nächsten Morgen kauft er für seinen Bruder den neuesten Ableger einer Basket­ball-Video­spiel-Reihe, von der sein Bruder so geschwärmt hat, und macht sich auf den Weg ins Kran­ken­haus. Doch als er nun das Zimmer seines Bruders betritt, findet er einen leeren Raum vor. Er geht von Zimmer zu Zimmer, um nach seinem Bruder zu suchen, jedoch erfolglos. Plötz­lich rennt ihm im Flur seine Mutter entgegen. Völlig blass und verweint sagt sie: „Dein Bruder ist heute Nacht von uns gegangen. In seinen letzten Momenten hat er nach dir gefragt.“ Sie fängt an zu weinen. Daniel erstarrt in diesem Moment in einer unbe­schreib­li­chen Leere. Er nimmt seine Mutter in die Arme, als sie wieder beginnt zu weinen. In ihren Armen beginnt er nun auch zu weinen, da er nicht mal Abschied nehmen konnte, weil er sich seiner Angst nicht stellen konnte.

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