16 Schülerinnen und Schüler nahmen in einem besonderen Jahr am Schreibwettbewerb teil – so viele wie noch nie. Unter den Mottos “Abstand” und “zu Hause” teilten sie teils sehr emotionale Geschichten und gaben auch Einblicke, wie diese Generation durch die Corona-Pandemie beeinflusst wird.
Die Siegerehrung des Schreibwettbewerbs ist ein fester Bestandteil in der Vorweihnachtszeit an der Dr. Buhmann Schule & Akademie. Bei Kaffee und Plätzchen versammeln sich die Teilnehmer des Wettbewerbs sowie Jury und Lehrkräfte normalerweise vor dem Tannenbaum. In einem so besonderen Jahr wie 2020 fiel dieser Rahmen aus, stattdessen trafen sich die Geschichtenerzählerinnen und -erzähler mit Maske in einem Klassenraum.
Die 16 Schülerinnen und Schüler der Fachoberschulen und Berufsfachschulen an der Dr. Buhmann Schule waren im Herbst dem Aufruf gefolgt, zu den Themen “Abstand” oder “zu Hause” eine Kurzgeschichte zu verfassen und einzureichen. Und dass die Corona-Pandemie einen enormen Einfluss auf die junge Generation hat, wurde bei einigen eingereichten Geschichten deutlich. Emotional waren auch Texte, die keinen direkten Bezug zur aktuellen Situation hatten, aber andere äußerst nachdenkliche Themen anschnitten, so auch die Siegergeschichte.
Die Jury um Schulleiterin Christina Gallus wurde auch in diesem Jahr durch die Deutschlehrerinnen Dr. Marianne Wurth und Heike Williams sowie den ehemaligen Kulturredakteur der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung Karl-Ludwig Baader ergänzt. Komplettiert wurden die Vier erneut von zwei Studentinnen der Dr. Buhmann Akademie. Diesen Part übernahmen Luise Norberg und Alicia Katharina Räck. Von den eingereichten Geschichten prämierte die Jury die ersten drei Plätze sowie eine weitere Geschichte als Sonderpreis jeweils mit Geldpreisen.
Folgende Schülerinnen und Schüler wurden für ihre Geschichten ausgezeichnet:
Jana Sievers (1. Platz)
Esatou Lina Davies (2. Platz)
Lea-Marie Brinkmann (3. Platz)
Finn J. Völkel (Sonderpreis)
Den Siegertext gibt es hier zum Nachlesen:
Mein Leben – meine Macht von Jana Sievers
Es ist ein wunderschöner Morgen. Die Welt schläft noch; wie immer, wenn ich aufstehe. Schweren Herzens reiße ich meinen Blick von dem Fenster los. Die Schneelandschaft ist einfach zu schön, der See, die Berge und das verschneite Gartenhaus, einfach wunderbar. Mein Blick geht vom Fenster zur Uhr – 4 Uhr 29 – und bleibt am Spiegel hängen, an meinem frisch gewaschenen und noch nassen Gesicht. Meine Augen wandern nach oben. Da ist sie wieder. Von Tag zu Tag wird sie größer. Diese Lücke – sie wird immer größer. Meine Haare sind bald nicht einmal mehr zu sehen. Der Abstand dieser zwei braunen behaarten Haarstreifen ist zu groß. Anfangs habe ich es ja noch nachgemessen, aber inzwischen …. Inzwischen habe ich Angst vor dieser großen kahlen Zahl. Je größer die Lücke auf meinem Kopf, umso leerer und schwerer fühle ich mich. Außerdem verspüre ich Zorn – Zorn auf die Lücke, den Abstand von Haarbüschel zu Haarbüschel. Mir läuft eine Träne über die Wange.
Ich wische sie mit meinem Handrücken weg, löse meinen Blick vom Spiegel und schaue auf die Uhr. 4 Uhr 32. Ich schaue nach draußen. Ein Blitz zieht über den Himmel und eine Genugtuung kommt in mir auf. Ein Gefühl der Erleichterung und Zufriedenheit überkommt mich. Ich öffne die Schublade, die links neben dem Waschbecken ist, und hole den Rasierer heraus. Ich habe mir noch nie den Kopf rasiert. Aber das Gefühl, wenn ich den Rasierer von vorne nach hinten schiebe, fühlt sich gut an. Es löst ein Kribbeln auf der Kopfhaut aus und hinterlässt einen kahlen Streifen. Es löst ein Gefühlschaos in mir aus. Mein Herz geht auf. Ich habe mich noch nie so gefreut und mir wird die Last genommen. Aber am schönsten ist das Gefühl der Macht. – Macht darüber zu haben, wie meine Haare aussehen.
Ich sage dir den Kampf, ich stelle mich dir. Meine Haare nehmen von mir Abstand, aber du nimmst sie mir nicht. Ich habe sie mir rasiert. Ich habe mir eine Glatze rasiert und ich habe mich noch nie so gut gefühlt. Ich werde dich los; ich nehme Abstand von dir. Du bist nur ein kleiner böser Teil in mir. Eine kleine böse Krankheit – und ich werde nicht an dir sterben. Ich lege Papas Rasierer zurück in die geordnete obere Schublade, schaue auf die Uhr – 4 Uhr 38 – danach in den Spiegel und grinse. – Krebs.